Künstler*innen: Josef Haller (UA) Andreas Tentschert (UA)
Vor dem zunehmenden Werteverlust, den Verbrauchsgüter durch Massen- und Billigproduktion im letzten Vierteljahrhundert erfahren haben, sind auch Musikinstrumente nicht zur Gänze verschont geblieben: Werden Streichinstrumente nach wie vor als Unikate in mühsamer Handarbeit gefertigt, so ist das Wandklavier wie kein anderes Instrument mittlerweile zum fließband- produzierten Massenprodukt geworden. Allein in China werden jedes Jahr rund 400.000 Pianinos verkauft und exportiert, gleichzeitig ist von den um die Jahrhundertwende über 200 in Wien ansässigen Klavierfabrikanten heute nur mehr einer übrig. Bis ins 20. Jahrhundert hinein gleichsam „Jukebox“, Mobiliar und Statussymbol im bürgerlichen Wohnzimmer, werden alte Wandklaviere in der Wegwerfgesellschaft des 21. Jahrhunderts nur mehr selten repariert oder restauriert, da ein Neukauf meist billiger ist und das Massenprodukt selten auf Langlebigkeit ausgelegt ist.
Die Performance „Upcycling Piano” soll einem alten, ausrangierten Wandklavier noch einmal Leben einhauchen, ihm noch einmal eine Bühne und ein Publikum bieten, bevor es – wie täglich hunderte andere Klaviere – auf dem Sperrmüll landet. Die kaputten, zerbrochenen, normalerweise unerwünschte Töne, die ein solches Klavier hervorbringt, reichen von mikrotonalen Verstimmungen bis zu geräuschhaften Klängen und bilden eine durch die Zeitgeschichte des Instruments selbstständig entstandene Präparierung, die vom vergangenen Leben des Instruments erzählt. Die Schönheit des Ungeschliffenen, Fehlerhaften und Defekten als Ausgangspunkt und zentrales Klangmaterial wird dem auf Hochglanz polierten Klang des Konzertflügels als alternatives Klangideal mit mindestens ebenso vielen Entfaltungsmöglichkeiten entgegengesetzt. Upcycling im wahrsten Sinne des Wortes!
Der Südtiroler Komponist und Pianist Josef Haller und der Tiroler Pianist Andreas Tentschert nähern sich diesem Klangobjekt auf unterschiedliche Weise und kreieren mithilfe von Loops und Effektgeräten Performances zwischen Avantgarde, Jazz, Minimal Music und Soundscape. Die Platzierung des Instruments im Waltherpark holt das Klavier aus seiner gewohnten
Wohnzimmerumgebung heraus und setzt es unter freiem Himmel der Natur und den Elementen aus.